Drei Dinge, die man aus dem Umgang der Lufthansa mit der Katastrophe von Flug 4U 9525 lernen kann.
Der tragische Absturz des Germanwings-Flug 9525 hat die Lufthansa kurzfristig in eine existenzbedrohende Situation gebracht. Schon zuvor war das Geschäft am Himmel für das ehemalige Staatsunternehmen die Hölle: Billigflieger wie Easyjet, Ryanair und Co. locken mit Kampfpreisen.
Gleichzeitig wildern die Airlines vom Persischen Golf und die Turkish Airlines im qualitätsorientierten Kundensegment. Sie stützen sich dabei auf Investoren mit sehr tiefen Taschen und ähneln eher modernen nationalen Statussymbolen, während die Lufthansa die hohen Erwartungen des Kapitalmarktes erfüllen muss.
Das Nachtflugverbot in Deutschland ist ein weiterer Klotz am Bein der Kraniche. So sind beispielsweise die Maschinen der Emirates rund 4.600 Stunden pro Jahr im Einsatz, eine LH-Maschine kommt im Schnitt auf rund 1.000 Stunden weniger. Und zu allem Überfluss streiken die Piloten der Lufthansa seit gut einem Jahr immer wieder, um ihre angestammten Privilegien zu verteidigen.
Der Verlust von über 700 Millionen Euro, den das Unternehmen im Jahr 2014 eingeflogen hat, spricht für sich. Wenn es in diesem Umfeld eine dauerhafte Existenzgrundlage für die Kranichlinie gibt, dann basiert sie auf dem Gefühl von absoluter Sicherheit, Zuverlässigkeit, Präzision und hoher Qualität, für das die Marke Lufthansa steht. Und genau diese Wahrnehmung stand nach dem Absturz zur Disposition.
Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung, Lufthansa-Chef Carsten Spohr von Anfang an in den Mittelpunkt der Krisen-PR zu stellen, sehr, sehr mutig. Aber richtig. Denn es wäre durchaus möglich gewesen, die Katastrophe in der Öffentlichkeit von Germanwings-Boss Thomas Winkelmann erklären zu lassen. Auf Dauer funktioniert hätte dies aber medial nicht. Denn Krise ist Chefsache und es ist die Pflicht des Chefs, schnell und eindeutig Verantwortung zu übernehmen – so unangenehm und schmerzhaft dies auch sein mag.
Das Beispiel des ehemaligen BP-Chefs Tony Hayward bestätigt dies. Ihn hatte die Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon im Jahr 2010 im Golf von Mexiko den Job gekostet. Er ließ sich acht Wochen Zeit, bevor er den Ort der Katastrophe persönlich besuchte. Zuvor hatte er zudem versucht, die Katastrophe herunterzuspielen und die Verantwortung für das Desaster auf den Betreiber der Ölplattform abzuwälzen. Lehre Nummer eins lautet daher: Als Chef in der Krise schnell und vollständig die Verantwortung zu übernehmen.
Bemerkenswert ist es, wie sicher Lufthansa-Chef Spohr den richtigen Ton traf und sich nicht von den Medien aufs Glatteis locken ließ. Er schaffte es, sich trotz aller medialen Spekulationen über Ursachen und Schuldige nicht zu voreiligen Unschuldsbekenntnissen verführen zu lassen. Indem er sich auch die eigentlich fällige Medienschelte verkniff bis diese begannen, gegenseitig übereinander herzufallen, hielt er die Fluglinie ein Stück weit aus der unvermeidlichen Generaldebatte über den Umgang von Medien mit Katastrophen heraus.
Stattdessen stärkte Spohr mit seinen Statements den Markenkern. Beispielsweise indem er darauf beharrte, die Lufthansa habe die besten Piloten der Welt. Dieser Satz wirkte nicht nur stabilisierend für die Marke. Er hat sogar das Potential, auch nach innen einiges zu verändern. Denn nach diesem Statement wird sich die Pilotengewerkschaft Cockpit deutlich schwerer tun, für die nächste Streikrunde zu mobilisieren und das Lufthansa-Management als nicht lösungsinteressiert darzustellen. Deshalb lautet die Lektion Nummer zwei: Be prepeared for it! Nur wer seine Hausaufgaben in Sachen Krisenstatements gemacht hat, ist im Fall des Falles wirklich in der Lage, präzise und klar zu kommunizieren.
Gleichzeitig befolgte Spohr eine weitere eherne Regel der Krisenkommunikation, indem er nicht lange fackelte, sondern schnell und entschlossen handelte. Bereits am Tag drei nach der Katastrophe führte die Fluglinie die „Zwei-Personen-Regel“ ein – die zwingende Vorschrift, dass sich immer zwei Mitglieder der Crew im Cockpit aufhalten müssen. Dies schafft Vertrauen. Denn im Umgang mit der Krise und ihren Ursachen wirkt vor allem eines: die Tat, die konkrete Verbesserung. Die dritte Lehre aus dem Umgang der Lufthansa mit der schrecklichen Katastrophe lautet daher nicht nur gut zu kommunizieren, sondern auch schnell zu handeln und Dinge zu verändern.